(Publiziert am 11. Januar 2025 in der alle zwei Wochen erscheinenden Print-Kolumne GRENACHER)
Lieber Patrik Müller
Wir haben auf dem Gelände der Medienlandschaft Schweiz einige Jahre zusammen geackert. Zuerst bei der SonntagsZeitung, wo Du einen fulminanten Einstieg gefeiert hast, später beim SonntagsBlick, wo es uns gelang, Dich als Nachrichtenchef zu verpflichten.
Seit Jahren machst Du als publizistischer Leiter, als Chefredaktor und TV-Moderator einen tadellosen Job. Zu den Zeitungstiteln, die Du verantwortest, gehört auch die Aargauer Zeitung (AZ), die bei uns mit einem regionalen Fricktal-Split erscheint.
Vor ein paar Tagen hast Du Dich in einem Kommentar zum Entscheid von Facebook geäussert, vorerst in den USA auf die Faktenprüfung zu verzichten. Das sei richtig, schreibst Du, die soziale Plattform habe bislang eine Seriosität vorgegaukelt, die sie nie gehabt habe.
Nachdem schon die Plattform X von Elon Musk den Faktenchef aufgegeben habe, sei der Entscheid von Faceboook-Chef Mark Zuckerberg für die journalistischen Medien, also beispielsweise auch für die Aargauer Zeitung eine Chance.
Und wörtlich schreibst Du weiter: «Ihre Unverzichtbarkeit tritt wieder klarer zutage. Sie werden von Profis gemacht, die nicht anonym, sondern greifbar sind; gerade im Regionaljournalismus kennt man sie oft. Sie sind der Wahrhaftigkeit verpflichtet, arbeiten nach qualitativen und ethischen Standards. Passieren Fehler, werden sie korrigiert, und es gibt die Möglichkeit, rechtlich gegen das Medium vorzugehen.»
Soweit Deine Worte.
Dieser Tage erschien in der AZ im Kantonsteil eine Serie über «Aargauer Grenzfälle», die sich unter anderem Gemeinden widmet, durch die eine Kantons- oder Landesgrenze verläuft. Ein Beispiel: Laufenburg.
Der Journalist Philipp Indermühle erwähnt im Artikel die einstigen Stromschnellen am Lauffen, den Kraftwerkbau mit dem nachfolgenden Bevölkerungs- und Wirtschaftsboom und der Ansiedlung vieler Industriebetriebe – und fährt wörtlich fort: «Die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg ist bis heute der wichtigste Arbeitgeber» – perfekt und ungeprüft abgeschrieben bei Wkipedia das diesen Unsinn verzapft!
Zur Erinnerung: Die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg (EGL) wurde vor mehr als einem Dutzend Jahren, nämlich 2012, in die Axpo Trading integriert und aufgelöst – ist also mitnichten der grösste Arbeitgeber der Habsburgerstadt. Dieser Titel gehörte wohl aktuell der im Bau und Holzbau aktive ERNE-Gruppe oder dem binationalen Energieversorgungsunternehmen Naturenergie Holding mit Sitz beim Kraftwerk Laufenburg – ein Telefonat bei der Stadtverwaltung, Fachbegriff Recherche, hätte korrekten Aufschluss geben können.
«Passieren Fehler, werden sie korrigiert», schreibst Du. Ein in diesem Fall vorläufig falsches Versprechen, lieber Patrik; auch am Folgetag wurde in der AZ der peinliche Fehler nicht richtiggestellt.
Der Faktencheck hat auch bei der AZ nicht funktioniert, offenbar nicht einmal das simple Gegenlesen durch die Fricktal-Redaktion, der dieser Lapsus möglicherweise vielleicht auch aufgefallen wäre.
Was lernen wir aus dieser kleinen lokalen Geschichte?
Auch journalistische Medien sind nicht unfehlbar – und manchmal auf den Faktencheck Ihrer Leserinnen und Leser angewiesen.